Florian Silbereisen ist DER Garant für Schlager-Entertainment. Das steht außer Frage. Mit den „Schlager Champions“ hat er einmal mehr bewiesen, dass er in der Lage ist, Entertainment des 21. Jahrhunderts zu bieten. Die Bühne, die Art der Präsentation, die Pyrotechnik, teilweise auch die tänzerischen Elemente – das gibt es eigentlich nur bei Silbereisen. Es hat absolut internationales Format und verdient höchstes Lob. Und es gibt Awards.
Semino Rossi – Der „Sänger des Jahres“?
Wer aber bei den Schlager-Champions realistische Preisvergaben erwartete, musste gleich mehrfach „schlucken“. Es war schon irgendwie merkwürdig, als Maite Kelly (im vergangenen Jahr 52 Wochen in den Charts) Semino Rossi (aktuell 23 Wochen Chartspräsenz mit seinem aktuellen Album) die „Eins der Besten“ überreichen sollte, die sie (selbst weit erfolgreicher) NICHT bekam. Kurz nach Semino trat Roland Kaiser auf, der für sein Album „Seelenbahnen“ aus 2014 mit Platin dekoriert wurde. Semino hingegen erhielt nicht mal Gold, das gab es für ihn zuletzt 2012 – trotz all dem bekam er die „Eins der Besten“.
Ben Zucker wurde als Newcomer des Jahres geehrt. Auch sein Album war zwar erfolgreicher als Seminos in den Jahres-Charts, aber das hat die „Experten der GfK“ wohl nicht wirklich interessiert. Wer nun Zweifel an der Berechtigung der Preisverleihung bekommt, dem sei gesagt – es kommt noch besser. Kelly Family räumt Preis ab, der eigentlich KLUBBB3 gehört.
Kelly Family räumt Preis ab – während Klubbb3…
Die GfK ermittelt auch die von Schlager.de wöchentlich veröffentlichten „Top 20 Schlager-Charts“. Darin war die Kelly Family noch nie vertreten (zumindest mit ihrem aktuellen Album), weil sie so was wie irische Folklore oder Popmusik macht, jedenfalls keinen Schlager. KLUBBB3 hingegen war mit einem deutschen Schlageralbum sogar auf Platz 1 der internationalen Charts vertreten. Dass die Kelly Family quasi in fast jeder Silbereisen-Show vertreten war, muss man vermutlich nicht verstehen. Warum sie zur Belohnung aber auch noch einen Schlager(!!)-Preis für ihr zwar erfolgreiches, aber nun mal nicht dem Schlager-Segment zugehörigen Album bekommt, verstehe, wer will. Der Preis hätte eigentlich klar KLUBBB3 zugestanden. Wobei – vielleicht ist es ein Zeichen von Bescheidenheit, dass Florian sich nicht selbst auszeichnen wollte.
Die einzige, die Schlager macht: Maite Kelly
Übrigens – wenn man das fadenscheinige Argument vortragen will, dass Schlager ein „Erfolgsbegriff“ sei, hätte der Preis den Toten Hosen zugestanden. Deren Musik ist nicht nur deutschsprachig – nein, deren Album war auch erfolgreicher als das der Kellys. Man stelle sich vor, Helene Fischer würde die Eins Live-Krone als erfolgreichste Sängerin bekommen (die sie zweifelsohne ist) – absolut unvorstellbar, weil Helenes Musikformat aus irgendwelchen Gründen scheinbar nicht zum WDR passt (Sie findet in keinem der fünf WDR-Radiosender statt).
Warum man umgekehrt die Kelly Family im Schlager-Segment ehrt, ist nicht nachvollziehbar. Das muss man sich mal vorstellen: Die EINZIGE Kelly, die keinen Schlager-Award bekommt, ist gleichzeitig die einzige, die Schlager macht: Maite Kelly. Goldene Schallplatte für Compilation „Schlager Champions 2017“ regelkonform?
Kurios ist auch die Vergabe einer Goldenen Schallplatte. Laut Statuten des BVMI (Bundesverbandes der Musikindustrie) gilt: „Kopplungsformate, die mehr als einen Künstler und/oder Künstlergruppe beinhalten, erfüllen die Voraussetzungen für eine Gold- oder Platin-Verleihung nicht, wenn die Mehrzahl der gekoppelten Titel bereits zuvor veröffentlicht wurde“. „Interessant“ ist, dass das zweifelsohne historisch erfolgreiche Kopplungs-Format „Schlager Champions 2017“ trotz dieser Regel eine Goldene Schallplatte bekommen hat.
Spektakulärer Auftritt von Vanessa Mai
Kommen wir aber zurück zur durchaus unterhaltsamen und erfolgreichen Show. Da gab es schon einige Highlights. Einmal mehr bewies Vanessa Mai ihr unglaubliches tänzerisches Talent, mit dem sie sich auch vor internationalen Stars nicht verstecken muss. Warum sie bei Vollplayback ein Handmikrofon und ein Headset-Mikro dabei hatte – man weiß es nicht…
Und Roland Kaiser wusste einmal mehr zu überzeugen
Seine souveräne Performance ist immer wieder ein Genuss. Warum bei „Joana“ trotz „Zugabe“-Rufen keine Zugabe kam, umgekehrt bei „Warum hast Du nicht nein gesagt“ gleich zwei Zugaben kamen – auch das ist rätselhaft, aber das ist vermutlich fast allen Zuschauern und den Beteiligten egal. Auch die Hommage an Daliah Lavi war sehr schön – ob wirklich schon zu deren Lebzeiten geplant war, sie für ihr Lebenswerk zu ehren, ist allerdings fraglich.
Highlight der Show: Einmal mehr Helene Fischer
Das absolute Highlight der Show war wie so oft Helene Fischer, deren professionelles Entertainment einfach Weltklasse ist. Ihre Show wusste einmal mehr zu überzeugen – spätestens, als sie zeigte, dass man auch im Wasser performen kann, dürfte der letzte Kritiker überzeugt worden sein. Das war Entertainment auf allerhöchstem Niveau, da kann man nur den Hut ziehen und überaus dankbar sein, mit Helene Fischer einen Star zu haben, der das Schlager-Genre mehr als ehrenwert vertritt.
Ob die Sendung ein Quotenerfolg wie im Vorjahr geworden ist oder nicht, ist (noch) nicht bekannt, weil derzeit die Messgeräte der GfK einen Defekt haben. Geheimniskrämerei um Ausstrahlungstremin der nächsten ShowMan darf gespannt sein, ob es weiterhin dabei bleibt, NUR Stammgäste in die Show zu holen. Bei den Schlagerchampions war kein einziger der musikalischen Interpreten erstmals bei Florian Silbereisen zu Gast. Interessant ist, dass diesmal sogar um den Ausstrahlungstermin ein Geheimnis gemacht wird – im vergangenen Jahr fand vor der Sommerpause noch ein März-„Fest“ statt (damals „Premierenfest“). Ob das auch in diesem Jahr der Fall sein wird, ließ Florian diesmal offen.
Schlagerfans dürfen sich auf jeden Fall schon mal den 29. März im Terminkalender notieren – dann wird im ZDF „Willkommen bei Carmen Nebel“ ausgestrahlt…